Hallo Marlon Jackson
Vor ungefähr 27 Jahren habe ich Deinen Bruder Michael zum ersten Mal wahrgenommen. Seither hat er mich immer wieder überrascht, erstaunt, geschockt, fasziniert, erfreut und auch genervt. Und nun hat er uns alle verlassen.
Ein richtiger Fan war ich nie, ich konnte ihm aber auch nicht ausweichen: Entweder er hatte mal wieder musikalisch etwas zu bieten, trat irgendwo im Fernsehen auf, die Medienschaffenden meinten, etwas Kurioses über ihn berichten zu müssen oder es gab anderweitige Schlagzeilen. Ich hatte zwar die ganze Zeit gewusst, dass Michael auch Geschwister hatte und hatte auch schon von LaToya, Janet und Jermaine gehört.
Deinen Namen kannte ich aber nicht.
Als Michael starb, nahm ich dies zur Kenntnis, dachte aber, dass mich dies nicht weiter interessieren oder bewegen würde. Bald schon aber merkte ich, dass dem nicht so war. Das ist wohl so, weil Michael in den letzten knapp drei Jahrzehnten immer wieder irgendwie präsent war. Auf eine gewisse Art gehörte er einfach dazu. Zudem sind wir altersmässig nicht allzu weit entfernt, und es fühlt sich sehr seltsam an, einen praktisch Gleichaltrigen sterben zu sehen. Ich begann also, mich für die Berichterstattung rund um Michael’s Tod zu interessieren. Zudem suchte ich im Internet nach Informationen über Michael’s Geschwister und fand dabei Namen, die ich noch nicht kannte: zum Beispiel Reggie und Marlon.
Und dabei erfuhr ich, dass Du, Marlon, einen Zwillingsbruder hattest, der kurz nach der Geburt gestorben ist.
Gestern habe ich am Fernsehen die bewegende Abschiedsfeier für Deinen Bruder Michael mitverfolgt, und ich möchte mich als erstes bei Dir und Deinen Geschwistern dafür bedanken, dass es für uns Aussenstehende (Fans und Nichtfans) möglich gemacht wurde, auf diese Art und Weise von Michael Abschied zu nehmen. So habe ich denn auch Dir zugehört, als Du am Ende der Veranstaltung erzähltest, wie Du einst in einem Plattengeschäft einem alten Mann begegnet bist, der eifrig CD’s einkaufte und den Du als Deinen verkleideten Bruder Michael erkanntest, weil er sich mit seinem Gang und den Schuhen, die er immer trug, verraten hatte. Und ich habe auch gehört, wie Du nun den toten Michael gebeten hast, er möge Deinen Zwillingsbruder in den Arm nehmen.
Das, Marlon, war für mich der bewegendste Augenblick der ganzen Veranstaltung. Obwohl ich Dich überhaupt nicht kenne und sonst nichts über Dich weiss, hatte ich in diseem Moment den Eindruck, als wäre Dein Schmerz mit dem Tod Michael’s verdoppelt worden: Bisher hast Du Dein ganzes Leben lang Deinen Zwilling Brandon vermisst und wohl auch um ihn getrauert, nun kommt auch noch der Schmerz um Michael dazu.
Du hast Michael gebeten, er solle Brandon von Dir umarmen. Du schickst Michael damit zu ihm, bist Dir sicher, dass Michael zu dem nie gekannten Bruder gehen wird. Das ist auch gut so, Michael hat dies bestimmt schon getan. Brandon war bisher alleine, vermisste sicher auch Dich und war immer bei Dir. Ich bin sicher, dass er nun zusammen mit Michael auf Dich aufpassen wird, dass sich die beiden Brüder im Himmel kennenlernen und künftig zusammen auf euch Jacksons runtergucken und bei euch sein werden.
Ich hoffe und wünsche Dir sehr, dass Du mit dem Verlust und der Trauer um Deine beiden Brüder klarkommst und Dir die Hoffnung, dass die beiden nun vereint sind, Kraft gibt.
Ich wünsche Dir, Deinen Geschwistern und allen Angehörigen viel Kraft und alles Gute für die Zukunft, die euch wohl leider durch die Medien noch schwerer gemacht wird.