17. Dezember 2007

Hauptsache «eine Frau»

Als sich damals Liliane Uchtenhagen als Bundesrätin zur Wahl stellte, war der Wunsch, endlich «eine Frau» in der Regierung zu haben, legitim. Die Enttäuschung war gross, als es die erste Kandidatin für dieses Amt nicht geschafft hatte. Später gab es wieder eine Kandidatur von «einer Frau», und diesmal klappte es auch. Die erste Frau war in den Bundesrat gewählt worden: Elisabeth Kopp. Die Freude war gross: endlich, endlich hatte es «eine Frau» geschafft! Seither gab es noch mehr Bundesratswahlen und immer kam auch die Forderung nach «einer Frau».

Am Mittwoch, 12. Dezember 2007, war wieder Bundesratswahl angesagt. An diesem Tag wurde der bisherige Bundesrat Christoph Blocher nicht wiedergewählt. Während der Live-Übertragung aus dem Bundeshaus interviewte die SF-Journalistin und «Rundschau»-Moderatorin Sonja Hasler die St. Galler SVP-Politikerin Jasmin Hutter und ging mit der Bemerkung auf diese zu, dass sie selbst sich sehr darüber freue, dass nun «eine Frau» gewählt worden sei und wollte diese Freude mit der Politikerin teilen, indem sie hoffte, einen ebensolchen überschwänglichen Freudenausruf zu hören zu bekommen - erhielt aber sogleich einen Dämpfer: Frau Hutter erwiderte mit Nachdruck, dass es ihr doch sowas von egal sei, ob nun Frau oder Mann gewählt sei, ihr sei es wichtig, dass diejenige Person gewählt werde, welche die richtige Politik mache - egal, ob dies nun Mann oder Frau sei.

Damit trifft sie genau den Punkt. Seit es die erste Frau in den Bundesrat geschafft hat, darf es nicht mehr als sensationell gelten, dass es nun wieder oder noch «eine Frau» geschafft hat. Vor vier Jahren wurde ebenfalls ein Bundesratsmitglied nicht wieder in die Regierung gewählt. Bei der Wahl davor, als ebendiese Person gewählt wurde, war das Hurrageschrei gross: «eine Frau, eine Frau»! Allerdings war man im Verlauf der Amtsperiode mit der Politik dieser Frau nicht zufrieden - vor allem Frauen waren enttäuscht - und man sprach nicht mehr von «einer Frau», sondern von Ruth Metzler.

Auch bei der aktuellen Wahl kam aus der Bevölkerung wieder die grosse Freude darüber, dass «eine Frau» gewählt wurde. Einfach «eine Frau».

Seit es Elisabeth Kopp in die Regierung geschafft hat, muss es selbstverständlich sein, dass sowohl Männer als auch Frauen in diesem Gremium Einsitz nehmen. Es wird künftig mal mehr Frauen, mal mehr Frauen geben, vielleicht wird der Bundesrat auch vollständig aus Frauen bestehen.

Immer muss es aber so sein, dass nicht einfach «eine Frau» oder «ein Mann» gewählt wird. Frauenrechtlerinnen müssen lernen, dass es nicht reicht, einfach «eine Frau» zu wählen - spätestens seit Ruth Metzler sollten sie gelernt haben, dass auch sie allen Kandidaten und Kandidatinnen gegenüber kritisch sein sollten. Auch «eine Frau» kann die falsche Politik machen. Sie sollten sich mit den verschiedenen Personen auseinandersetzen und auch mal zugeben können, dass es falsch ist, eine bestimmte Frau zu wählen, oder besser wäre, einen bestimmten Mann.

Die Bundesversammlung hat die Aufgabe, diejenigen Personen in den Bundesrat zu wählen, die für das Amt - also die gestellte Aufgabe - und die Schweiz geeignet sind. Nicht einfach «Frauen» und «Männer». Am 12. Dezember 2007 wurde deshalb nicht einfach «eine Frau» gewählt. Am Tage danach wurde auch nicht einfach «eine Frau» als Bundesrätin vereidigt.

Als Bundesrätin gewählt und vereidigt wurde Eveline Widmer-Schlumpf.